Übung
Übung: Reiz – Raum – Reaktion
Inspiriert von Viktor Frankl
1. Einleitung
Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum – und in diesem Raum liegt deine Freiheit.
Du kannst bewusst wählen, wie du handeln möchtest – anstatt automatisch zu reagieren.
Oft ist diese Freiheit jedoch kleiner, als du denkst. Viele Reaktionen sind automatische Muster, die du in der Vergangenheit gelernt hast – sogenannte Überlebensreaktionen. Sie helfen dir, schnell zu handeln, können dich aber auch einschränken, wenn sie unbewusst ablaufen.
2. Ziel der Übung
Diese Übung soll dir helfen, den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu vergrößern.
Wenn du lernst, innezuhalten, zu spüren, was in deinem Körper passiert, und bewusst zu atmen, gewinnst du wieder Zugang zu deiner inneren Freiheit und Handlungsfähigkeit.
3. Schritt 1 – Wahrnehmen des Reizes
Achte bewusst darauf, wann und durch was du innerlich getriggert wirst.
Das kann ein aggressiver Blick, eine laute Stimme, eine ablehnende Geste oder ein bestimmtes Wort sein. Manchmal sind solche Reize sehr subtil und erst auf den zweiten Blick erkennbar.
Frag dich:
- „Was genau hat mich gerade getroffen?“
- „Was fühle ich körperlich?“
- „Wo spüre ich Spannung, Enge oder Druck?“
Beobachte körperliche Reaktionen wie:
- schnellere Atmung
- Herzklopfen
- Unruhe
- Muskelanspannung
- flacher Blick oder Tunnelblick
Diese Reaktionen sind nicht falsch – sie zeigen nur, dass dein Nervensystem aktiv geworden ist.
4. Schritt 2 – Den Raum schaffen (Atem als Schlüssel)
Wenn du getriggert bist, verengt sich dein Bewusstsein. Dein Körper schaltet in Alarmbereitschaft.
Hier hilft bewusste Atmung, um wieder in Kontakt mit dir selbst zu kommen.
Spezialeinheiten, Leistungssportler und Therapeuten nutzen Atemtechniken, um in Stresssituationen ruhig und handlungsfähig zu bleiben.
Probiere einige dieser einfachen Methoden:
a) Box-Atmung (4-4-4-4-Methode)
- 4 Sekunden einatmen
- 4 Sekunden den Atem halten
- 4 Sekunden ausatmen
- 4 Sekunden Pause
b) 4-7-8-Atmung
- 4 Sekunden einatmen
- 7 Sekunden halten
- 8 Sekunden ausatmen
c) Taktisches Atmen (4-4-Methode)
- 4 Sekunden ein, 4 Sekunden aus – gleichmäßig, ruhig, ohne Anstrengung
Wiederhole eine dieser Atemübungen 3–5 Mal.
Du wirst spüren, wie sich dein Körper beruhigt und dein Geist klarer wird.
5. Schritt 3 – Bewusste Reaktion wählen
In einem entspannten Zustand hast du mehr Möglichkeiten zu reagieren.
Du bist nicht länger Gefangener alter Muster, sondern kannst bewusst entscheiden, was jetzt wirklich hilfreich ist.
Frag dich:
- „Was will ich wirklich ausdrücken?“
- „Welche Reaktion dient mir und der Situation am besten?“
- „Welche Haltung möchte ich einnehmen?“
Erlaube dir kleine Pausen, bevor du antwortest oder handelst – selbst ein tiefer Atemzug kann den entscheidenden Unterschied machen.
6. Wenn du merkst, dass es schwerfällt
Manchmal sind deine Reaktionsmuster tief verankert – besonders, wenn sie aus früheren Erfahrungen stammen. Wenn du häufig überreagierst, dich danach ärgerst oder nicht verstehst, warum du so handelst, kann es sehr hilfreich sein, professionelle Unterstützung zu holen – z. B. durch Coaching, Therapie oder Körperarbeit.
Damit lernst du, deine Muster liebevoll zu erkennen und neue Wege zu entwickeln, um mit Stress, Angst oder Wut umzugehen.
7. Abschlussgedanke
Zwischen Reiz und Reaktion liegt deine Freiheit. Mit jeder bewussten Beobachtung, jedem Atemzug und jeder achtsamen Entscheidung wächst dieser Raum. Und mit ihm wachsen deine innere Ruhe, Klarheit und Selbstbestimmung.
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum.
In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion.
In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“
– Viktor E. Frankl